Rainer Schamel
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Letzte Änderung:
14.01.2013

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Masterarbeit

Kurzfassung der Masterarbeit:


Optimierung eines Querträgers zur Anbindung von Monumenten in einem Großraumflugzeug

Optimization of a transverse beam to connect a galley with a large aeroplane

1 Einleitung

In dieser Arbeit wird im Rahmen der Strukturoptimierung das Gewicht einer Aluminiumtraverse optimiert. Ihre Aufgabe ist die Weiterleitung horizontaler Lasten an die tragende Struktur eines Flugzeuges, welche durch die behinderte Horizontalbewegung von größeren Massen im Crashlastfall entstehen, siehe Abbildung 1.

Abbildung 1: Traverse, Tierod, Crossbeams und Last

Das Gespann der kommerziellen Software Hypermesh und OptiStruct ermöglicht die Anwendung von Optimierungsverfahren auf FEM-Modelle, welche hinsichtlich ihrer Geometrie und ihrer Randbedingungen auch komplex sein können. Die Erstellung der Modelle und deren anschließende Visualisierung erfolgt im Pre- und Postprozessor Hypermesh, die Berechnung wird mit dem Solver OptiStruct 7.0 durchgeführt.

Zur Reduzierung des Traversengewichtes wird einerseits der Weg begangen, bei welchem der Konstruktion eine Topologieoptimierung vorangestellt wird, und andererseits jener, bei dem von einer bestehenden Konstruktion ausgegangen und daran eine Parameter- und ggf. Formoptimierung durchgeführt wird.

2 Optimierungsproblem und -verfahren

Der Ausgangspunkt einer Optimierung sei ein Problem, wie beispielsweise die Frage nach der optimalen Wanddicke einer bestehenden Konstruktion, um deren Gewicht bei gleicher Last und Steifigkeit zu minimieren; solch ein Problem wird mit den Verfahren der Parameteroptimierung gelöst.

Allgemeiner kann nach einer Konstruktion gefragt werden, die unter gegebenen Bedingungen, wie dem zur Verfügung stehendem Bauraum, fixen Anschlusspunkten und wiederum unter gegebener Last und geforderter Mindeststeifigkeit, ein minimales Gewicht einnimmt; solch ein Problem, bei welchem erst einmal das Material im Bauraum entlang des Lastpfades verteilt werden muss, löst die Topologieoptimierung. Sie ist ein von menschlicher Erfahrung und Intuition unabhängiger Ideengeber, der am Anfang einer Optimierung steht und dessen Ergebnis meist noch weiterverarbeitet werden muss.

Der letzte Schritt der computergestützten Strukturoptimierung ist die Formoptimierung, welche ein Oberbegriff für eine Vielzahl von Methoden ist, die beispielsweise davon ausgehen, dass eine Konstruktion optimal ist, wenn überall die gleiche Spannung herrscht. Eine Variation der Form hilft Spannungsspitzen abzubauen und Schwachstellen zu verhindern.

3 Referenztraverse

Die zu optimierende Referenztraverse ist ein 700mm langes Aluminiumfrästeil mit einem U-Profil als Querschnitt. Das Modell, welches in Abbildung 2 dargestellt ist, wird mit Mindlin/Reissner Schalenelementen quadratischen Ansatzes vernetzt (7400 CQUAD8 und CTRIA6 Elemente mit je 10mm Seitenlänge). Die Elementformulierung entspricht der von Nastran. Im Rahmen der Kontrolle der Netzgüte wird darauf geachtet, dass die Anzahl der Dreieckselemente unter 10% liegt, dass das Verhältnis der längsten zur kürzesten Elementseite, das Aspect Ratio, nicht größer als 10 ist und dass die Determinante der Jacobimatrix als Maß der Elementverzerrung nie kleiner als 0,7 wird.

Das Traversenmodell ist in x-Richtung verschieblich gelagert, damit zur Bemessung die gesamte Last durch das Bauteil geführt wird. Der Tierod verbindet als gelenkig angebundener Starrkörper die Flugzeugstruktur mit der Traverse, so dass sich diese um das Lager an der festen Struktur drehen kann. Der Anbindungspunkt an der Traverse um 30° gegen die Traversenlängsachse (x-Richtung) gedreht, siehe Abbildung 2.

Abbildung 2: Anbindung der Traverse

Es wird davon ausgegangen, dass die Lastrichtung um drei Grad von der x-Achse abweichen kann, so dass zusätzlich zum Lastfall Fx auch ein Lastfall gerechnet wird, in welchem die Last Komponenten in die beiden anderen Richtungen hat.

Die lineare statische Analyse zeigt, dass die Traverse noch einen Sicherheitsabstand gegenüber Beulen aufweist und an den meisten Stellen die zulässige Spannung nicht ausreizt. Die berechnete Steifigkeit als Verhältnis von gegebener Last zur totalen Verschiebung am Lastangriffspunkt dient den folgenden Optimierungen als Referenz und muss erreicht werden.

Abbildung 3: Modell der Referenztraverse

4 Optimierungen

Die Voraussetzung aller folgenden Optimierungen ist, dass die Entwürfe unter den gleichen Randbedingungen (Lagerung und Last) nicht beulen, nicht auf Spannung versagen und mindestens die gleiche Steifigkeit wie die Referenztraverse aufweisen. Aus Gründen der Fertigung muss eine minimale Schalendicke von 2mm eingehalten werden.

Die schnellsten Ergebnisse erzielt eine Parameteroptimierung der Referenztraverse. Alle finiten Elemente werden in sog. Kollektoren organisiert, um als zu variierenden Parameter die Schalendicke eines jeden dieser acht Kollektive zu optimieren. In Abbildung 3 sind die Kollektoren farblich voneinander abgehoben.

OptiStruct 7.0 wählt programmintern eine direkte Lösungsmethode, da wenig Designvariablen (weniger als 100, hier acht) und viele Restriktionen aufgrund von Spannungsrestriktionen in den vielen Elementen und Lastfällen vorliegen. Direkte Methoden legen mithilfe der Gradienten der Zielfunktion und der kritischen Restriktionen eine Suchrichtung fest und ermitteln anschließend entlang dieser Linie das Minimum.

Die CPU-Kosten sind aufgrund des Auffindens der Suchrichtung proportional zur Anzahl der Designvariablen. Die Rechnung konvergiert unter Windows XP mit 3000 MHz Prozessortakt und genutzten 724 MB RAM nach 11 Sekunden und liefert einen Entwurf, der die geforderten Beulsicherheitswerte und die vorgeschriebene Verschiebung am Lastangriffspunkt exakt erfüllt und die zulässigen Spannungen einhält. Der sofort umzusetzende Entwurf reduziert bei gleicher Steifigkeit das Gewicht um etwa 20%, siehe Abbildung 4.

Abbildung 4: Parameteroptimierung der Referenztraverse

Zur Topologieoptimierung wird der gesamte Bauraum mit 80.000 linearen Volumenelementen gefüllt, siehe Abbildung 5. Da die Dichte eines jeden Elementes gesucht ist, sind 80.000 Designvariablen vorhanden. Das Modell wird wie die Referenztraverse belastet und gelagert, als einzuhaltende Restriktion wird die maximale Verschiebung des Lastangriffspunktes gewählt.

Bei der dualen Methode wird der Designraum konvex approximiert. Die Suchrichtung bestimmt sich aus dem aktiven Restriktionsset. Diese Methode ist effizient für Probleme mit vielen Designvariablen und wenig (weniger als 50) Restriktionen. Deshalb wird sie für die Topologieoptimierung herangezogen, bei der hunderttausende von Designvariablen und einige wenige Restriktionen wie die Verzerrungsenergie (compliance), Frequenz oder, wie hier, die Masse vorliegen.

Abbildung 5: Bauraum, gefüllt mit Volumenelementen

Das Ergebnis der Topologieoptimierung sind Dichtewerte für jedes Element. Die definierten Restriktionen (außer der Stabilitätsrestriktion) werden nur für genau die berechneten Elementdichten eingehalten, die allerdings in der Praxis so nicht umgesetzt werden können, da Aluminium nur diskrete Werte annehmen kann. Man organisiert nun die Elemente je nach Dichte in zehn verschiedenen Sets, entfernt sukzessive jene mit der geringsten Dichte und setzt die anderen auf 100% Dichte. Als Richtwert des Herstellersupports können Elemente mit einer berechneten Dichte von unter 30% entfernt werden, ohne dass das dann gefundene Modell die Restriktionen verletze.

Hier wird auf dem gleichen Computer nach 23 Minuten der Entwurf mit innerem Druckstab nach Abbildung 6 gefunden, welcher 50% an Gewicht einspart!

Abbildung 6: Topologieoptimierter Entwurf

Ausgehend von der Idee des inneren Druckstabes werden Schalenmodelle entworfen und parameteroptimiert, die als Schweißteil (Hohlrohr) oder als Frästeil (Rohr als offenes U-Profil) gefertigt werden können und das Gewicht um 51% und 25% reduzieren, siehe Abbildung 7.

Abbildung 7: Modelle mit Druckstab

5 Ergebnis

Die kommerzielle Software OptiStruct7.0 hat sich im Rahmen einer linearen Analyse als leistungsfähig herausgestellt. Sowohl bei vielen Restriktionen und wenigen Designvariablen als auch im umgekehrten Fall wurden hier in akzeptabler Zeit verbesserte Entwürfe gefunden, wenn die Iteration von einem gültigen Entwurf aus gestartet wurde. Die Optimierung liefert bis zu 50% Gewichtseinsparung, was an dem nicht ausgelasteten Referenzentwurf liegt. Die Parameteroptimierung, die relativ einfach und schnell durchzuführen ist, spart hier immerhin 20% des Gewichtes ein. Die spannungshomogenisierende Formoptimierung dient weniger der Gewichtsreduktion und brachte hier auch keine nennenswerten Ergebnisse.

Abbildung 8: Ergebnisse der Gewichtsoptimierung

Das Ergebnis der Topologieoptimierung ist nicht direkt umzusetzen. Leider scheiterte der Versuch, eine nachgeschaltete Parameteroptimierung zur Hilfe zu ziehen, um den gefundenen Topologie-Entwurf in den zulässigen Bereich zu bringen, da hierfür anscheinend wiederum im sog. feasible design hätte gestartet werden müssen.

Es wäre wünschenswert, wenn der Benutzer Einfluss auf das Optimierungsverfahren hätte oder zumindest vom gewählten Verfahren in Kenntnis gesetzt würde. Der Benutzer weiß nicht, ob der Ausgangsentwurf gültig sein muss oder ob man ein Verfahren benutzen könnte, welches vielleicht nicht so schnell konvergiert, dafür aber bei jedem Schritt einen zulässigen und möglichst verbesserten Entwurf liefert.

Bei einem Bauteil wie diesem, welches durch den Lastfall Crash dimensioniert wird und maßgeblich durch Stabilität versagt, wäre es wünschenswert gewesen, nichtlineares Materialverhalten bei allen Optimierungstypen und Stabilitätsrestriktionen bei der Topologieoptimierung berücksichtigen zu können.

Positiv hervorzuheben ist, dass es die Möglichkeit gibt, sich die Sensitivitäten (der Variablen auf die Zielfunktion) je Iterationsschritt ausgeben zu lassen. Sie geben dem Benutzer zur Beurteilung des Bauteils ein Hilfsmittel in die Hand, welches über den allgemeinen Ingenieursachverstand hinausgeht.


© Rainer Schamel Letzte Änderung: 14.01.2013